Denza D9: Elektrischer Luxus-Van aus China (2024)

Er heißt schlicht D9 und soll die Marktnische der Luxus-Vans in Deutschland besetzen: Die BYD-Tochter Denza bietet das Raumschiff auf Wunsch mit einer Innenausstattung an, die sogar einem Mercedes Maybach Konkurrenz macht.

  • Antrieb rein elektrisch und als PHEV

  • Elektro-Version mit 312 oder 374 PS

  • Hohe Reichweite dank Blade-Akku-Technologie

Mercedes S-Klasse, BMW Siebener und ja, früher auch mal der Audi A8 – wenn es den Chinesen um Glanz und Gloria geht, lassen sie auf die Luxuslimousinen aus Deutschland nichts kommen. Doch im Dauerstau von Shanghai oder Shenzen etabliert sich so langsam ein andres Fahrzeugsegment an der Spitze des Marktes. Denn Raum ist in den dichtgedrängten Millionenmetropolen der wahre Luxus – und Premium ist, wer seinen Kunden die meiste Privatsphäre bietet. Deshalb sind Vans in Asien längst die wahren Luxuslimousinen und so langsam schwappt dieser Trend auch zu uns.

Denza D9: Kommt er auf den deutschen Markt?

Denza D9: Elektrischer Luxus-Van aus China (1)

Lexus hat den Verkauf seines LM auch in Europa schon fest versprochen, Volvo denkt beim neuen EM zumindest darüber nach und mit dem Denza D9 will nun auch der erste Chinese dort anfangen, wo Mercedes mit der V-Klasse oder dem EQV und VW mit dem Doppel Multivan und ID.Buzz aufhören. Nicht umsonst hat die BYD-Tochter den Raumkreuzer im Smoking gerade erst auf die IAA nach München gestellt und den Europa-Export auf Nachfrage zumindest nicht kategorisch verneint.

Dass ausgerechnet der D9 zum größten Wettbewerber für die V-Klasse wird, entbehrt nicht einer gewissen Brisanz. Schließlich ist Denza ein Joint Venture, das vor 15 Jahren noch von Daimler mit BYD geschlossen wurde, um die elektrische B-Klasse nach China zu bringen. Und während die mit gerade mal 30.000 Autos in zehn Jahren zum Flop avancierte, läuft der mit tatkräftiger Hilfe aus Stuttgart entwickelte D9 über alle Erwartungen gut.

Mercedes hat seinen Anteil von 50 auf zehn Prozent reduziert – und seit der Raumkreuzer im letzten Sommer auf den Markt kam, weisen die Kurven steil nach oben. Schon in den ersten 30 Minuten sind 3000 Autos bestellt worden, es gibt angeblich über 70.000 Interessierte und Monat für Monat werden mehr als 10.000 Autos ausgeliefert. Mercedes schafft mit der V-Klasse in China kaum mehr als ein Zehntel davon.

Der Denza D9 wäre bei uns konkurrenzlos günstig

Denza D9: Elektrischer Luxus-Van aus China (2)

Das ist allerdings auch kein Wunder. Denn selbst wenn die Schwaben ihre V-Klasse für China besonders herausputzen und die lokalen Umrüster den Van sogar auf Maybach trimmen, sieht er vergleichsweise blass und brav aus neben dem entfernten Cousin. 5,25 Meter lang, vorne mit einem beleuchteten Nadelstreifen-Grill im Actros-Format gepflastert und hinten mit roten LED-Lanzen bestückt, fängt er vor allem im Nachtleben der Metropolen alle Blicke.

Und vor allem bietet er einen Komfort, der selbst die edelsten Varianten des Mercedes wie ein Sammeltaxi auf der schwäbischen Alb wirken lässt – von Multivan und ID.Buzz ganz zu schweigen. Und das zu einem Preis, bei dem der deutschen Premium-Kundschaft die Tränen in die Augen schießen werden: Denn los geht’s für den D9 bei fast schon lächerlichen 330.000 RMB oder umgerechnet etwa 42.000 Euro. Zum Vergleich: Die V-Klasse verkauft Mercedes in China für über 60.000 Euro und bei uns ist sie in einer halbwegs vornehmen Version kaum für weniger zu haben. Schon gar nicht mit Elektroantrieb.

Und der D9 markiert noch nicht einmal die Spitze: Sondern in einer Auflage von 99 Exemplaren macht der Van sogar auf Maybach und lockt die entschleunigte Elite außen mit einer Zweifarblackierung und innen mit nur noch vier Sitzen, zwischen denen eine Trennwand montiert ist, die eigentlich nur aus Bildschirm besteht. Aber schon die Standardversion macht mächtig was her: Wer mit erhobenem Haupt durch die riesige Schiebetüre steigt, lässt sich wenig später in einen von zwei mächtigen First-Class-Sesseln fallen, mit denen sich auch die Lufthansa noch schmücken könnte. Das Dreiersofa dahinter wirkt da fast schon wie eine Strafbank und schrumpft gefühlt zur Jacken-Ablage, so einladend sind die Liegen.

Luxus-Van mit Bar und Massagesitzen

Denza D9: Elektrischer Luxus-Van aus China (3)

Auf dem Tablet in der Armlehne schnell noch die Massage und die Klimatisierung eingestellt und das Smartphone zum kabellosen Laden auf Kniehöhe in eine eigenen Tasche gesteckt, taucht man in die mit weichem Leder und dickem Teppich ausgeschlagene Kabine in buntes Ambientelicht, greift sich ein Kaltgetränk aus dem elektrisch aufsurrenden Barfach im Untergeschoss des Fahrersitzes und versinkt tief in seiner eigenen Welt: Während auf den beiden Bildschirmen am Vordersitz internationale Videos streamen, verlieren die beiden ausklappbaren Schreibtische jede Verlockung.

Viel größer ist dagegen die Anziehungskraft jenes Schalters, mit dem aus dem Sitz eine Liege wird. Denn mit dem Kopf auf einem weichen Kissen, den Füßen auf einer geheizten Ablage und der Skyline einer chinesischen Großstadt im Panoramadach verliert auch der längste Stau seinen Schrecken.

Dabei gibt es im D9 nichts, was die Ruhe stört und zurück auf den Boden der Tatsachen holt. Wo die Vans bei uns ihre Nähe zum Lieferwagen kaum verhehlen können und deshalb bisweilen wenig fein übers Kopfsteinpflaster rumpeln, ist der D9 bocksteif und grundsolide. Schließlich steht er auf einer elektrischen Skateboard-Plattform der BYD-Familie, der die so genannten Blade-Zellen zusätzliche Stabilität geben. Und statt des mehr oder minder gut gedämmten Nagelns eines Selbstzünders hört man nur das Surren eines Stromers, der mit 312 PS in der Frontantriebsvariante und 374 PS als Allradler allemal genug Kraft hat für den Koloss und das Raumschiff deshalb sanft und samtig über die Seidenstraße schiebt.

Denza D9 EV: Laden mit bis zu 160 kW

Denza D9: Elektrischer Luxus-Van aus China (4)

Gute 100 kWh Akkukapazität passen in den Boden des D9 und die Reichweite ist – zugegeben im chinesischen Zyklus – mit guten 600 Kilometern anderthalbmal so groß wie bei der elektrischen V-Klasse. Und geladen wird hier mit bis zu 160 kW. Wer weiter will, dem bieten die Chinesen auch drei Versionen eines Plug-in Hybrid auf Basis eines mageren 1,5-Liter-Benziner mit bis zu 407 PS an. Die Plug-ins laden mit bis zu 80 kW und kommen im Teamwork auf teilweise deutlich vierstellige Reichweiten, so dass keiner mehr nach einem Diesel fragt.

Zwar fährt in Asien keiner seinen Luxus-Van selbst, sondern überlässt diese Aufgabe einem dienstbaren Geist mit kleinem Gehalt. Doch bringt Denza auch dem Personal eine hohe Wertschätzung entgegen und adelt den Arbeitsplatz mit reichlich Lack und Leder, einem ausgesprochen bequemen Sessel samt Klimatisierung, Massagefunktion und einem Infotainment, das MBUX nach elektronischer Steinzeit aussehen lässt.

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Aber Mercedes lässt sich die Butter nicht kampflos vom Brot nehmen, schon gar nicht von den eigenen Verbündeten. Bereits mit dem jüngsten Facelift werden die V-Klasse und ihr elektrischer Ableger deshalb vornehmer denn je. Und wenn in zwei Jahren der erste Van auf der neuen Elektro-Plattform kommt, soll der mit noch mehr Lametta außen und viel Lack, Leder und LED innen eher zur Luxusstrategie der Schwaben passen als zu den schnöden Lieferwagen. Angeblich bereiten sie sogar schon eine entsprechende Studie vor und wollen sich damit in die Höhle des Löwen wagen: Als Retourkutsche für den Affront auf der IAA planen sie die Premiere, so hört man in Stuttgart, im nächsten Frühjahr in Peking.

Text: Thomas Geiger

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